Wirtschaftswunder 1962 in Ockfen
Es ist interessant, hin und wieder
Einblicke zu nehmen in die Auswirkungen der derzeitigen
Wirtschaftskonjunktur auf die Dorfgemeinschaft. Ockfen zählt
zurzeit (01.01.1962) 560 Einwohner in 118 Haushaltungen mit 103
Wohngebäuden. Allein in der Zeit, in der der Schreiber
dieser Zeilen (Alfons Müser) hier ansässig ist, das
sind schon 13 Jahre, wurden 30 neue Wohnhäuser fast
ausschließlich von jungen Familien erbaut. In dieser Zahl
sind also nicht die Neubauten enthalten, die durch
Kriegseinwirkung bedingt waren. Die neuen Häuser sind fast
ohne Ausnahme in der Herrenberg-, Bockstein- und Hauptstraße
nach Irsch zu, also nicht in die Dorfwege, gebaut worden.
Das Dorf hat sich durch diese
Neubauten bedeutend ausgedehnt. Und auch jetzt fehlt es nicht an
Baulustigen, die leider ihr Vorhaben wegen Mangel an Bauplätzen
zurückstellen müssen. Mit diesem Mangel hat sich der
Gemeinderat schon des Öfteren ernsthaft beschäftigt.
Als Bauland soll der Distrikt „Neuland“ erschlossen
werden. Das Kulturamt beschäftigt sich bereits mit den
Vorarbeiten. Es ist zu hoffen, dass dieser Plan bald Wirklichkeit
wird.
Auch das äußere Aussehen
der Häuser hat eine große Änderung erfahren. Über
40 Häuser wurden in den letzten Jahren mit einem Edelputz
versehen. Die Häuser sind vielfach mit neuen Möbel, zum
Teil Anbaumöbel, ausgestattet. Radio, Fernsehgeräte,
Gefriertruhen und Waschmaschinen sind keine Seltenheit. Kaum
fassbaren Aufschwung hat die Motorisierung genommen. In den
Winzerbetrieben sind zurzeit 55 Traktoren eingesetzt. An
Personenwagen sind 33 vorhanden. Motorräder und Mopeds
liegen in der vorhandenen Anzahl auch über 50.
Aus diesen kurzen Angaben ist wohl
zu ersehen, dass das „Wirtschaftswunder“ auch in
Ockfen seine Blüten treibt. Über 100 Ockfener arbeiten
täglich auswärts und bringen bei den heutigen Löhnen
eine ansehnliche Lohntüte ins Dorf. So allein ist der
Aufschwung zu erklären.
Saarweinfest in Ockfen vom
01-03. September 1962
Die Sorge um die Zukunft des
Saarweinbaues war es, die Anfang 1961 führende Winzer der
Saar zu dem Entschluss kommen ließ, eine groß
angelegte Werbung für unseren Saarwein zu starten. Es wurde
beschlossen, in jedem Jahr am 1. Septembersonntag ein
Saarweinfest zu veranstalten. Trägerin der Veranstaltung
sollte jedes Jahr ein anderes Weindorf sein, das auch die
Weinkönigin zu stellen hat. Die nicht festgebenden
Winzerdörfer beteiligen sich an der Veranstaltung mit
Festwagen. Nachdem nun die Gemeinde Irsch 1961 das erste
Saarweinfest übernommen hatte, wurde das 2. Saarweinfest
1962 der Gemeinde Ockfen übertragen. Die Vorbereitung und
die Durchführung des Festes wurden von der Gemeinde dem
Musik- und dem Gesangverein übertragen. Die örtliche
Winzerschaft erwählte mit großer Mehrheit das
Winzermädel Helga Werner zur Saarweinkönigin, die als
Helga I. während der Weintage das Zepter führte.
Protektor des Festes war unser Landtagspräsident van Volxem.
Im vollbesetzten Festzelt in den Geisbergwiesen begann nun am
Samstagabend der Festkommerz, zu dessen Gelingen und
unbeschwerter Festfreude die Musikvereine von Ockfen, Irsch, Ayl
und die Gesangvereine von Ockfen, Irsch, Oberemmel und Wawern
ihre musikalischen und gesanglichen Beiträge lieferten. Mit
dem Festmarsch aus Beethovens E-Dur-Konzert eröffnete der
Musikverein Ockfen das Festprogramm. Nach dem Festprolog,
vorgetragen von Brunhilde Schuster und der Begrüßung
des Protektors van Volxem, des Landrates Reinholz, des
Amtsbürgermeisters Kratz, der Ehrengäste und der vielen
Winzer und Winzerinnen, rollte das Festprogramm ab. Alle
Darbietungen fanden reichlich Beifall. In seiner Festansprache
begrüßte Landtagspräsident van Volxem die
Durchführung der Saarweintage, die der Werbung für den
Saarwein dienen sollen. Es müsse, so betonte der
Landtagspräsident ein wirkliches Weinfest sein und sich von
den anderen örtlichen Festen unterscheiden. Unter den
Klängen des Musikvereins Irsch vollzog sich dann der Einzug
der Saarweinkönigin von 1961 Elli I. von Irsch, die,
begleitet von ihren 2 Prinzessinnen und einer Abordnung des
Irscher Schützenvereins zur Tribüne geleitet wurde.
Nach einem herzlichen Willkommensgruß und einer Lobrede auf
den Saarwein übertrug sie dann der nach ihr unter großem
Beifall der Anwesenden in das Festzelt einziehenden
Saarweinkönigin 1962, Helga I. von Ockfen, die Krone und das
Zepter. Helga I. begrüßte in ihrer frischen Art die
Anwesenden und sagte den Ockfener Winzern Dank für das
Vertrauen, das sie zu rechtfertigen wisse. Ihr Wunsch, dass diese
Tage allen Freude bringen möge, wurde mit einem fröhlichen,
allseitigen Prosit bekräftigt. In bunter Reihenfolge
musizierten und sangen sodann die anwesenden Vereine und
unterhielten die Hunderte von Gästen, die den edlen
Kreszenzen des Saarweins gut zusprachen und in unbeschwerter
Fröhlichkeit bis zur späten Stunde im Zelt verweilten.
Höhepunkt der Festtage bildete
der Festzug am 2. Tage. Es war ein warmer sonniger Sonntag. Schon
ab 13:00 Uhr erfolgte der Empfang der auswärtigen Vereine
und der Festwagen. Die einzelnen Winzerdörfer hatten es an
Phantasie und Schmuck nicht fehlen lassen, mit den Festwagen ihre
örtlichen Weinlagen anzupreisen, aber auch die Not und die
Sorge des Winzerstandes den Zuschauern vor Augen zu führen.
Neun Musikvereine brachten durch flotte Marschweisen die richtige
Stimmung in den Festzug. Dicht gedrängt säumten
Zuschauer aus Nah und Fern die fahnengeschmückten Straßen.
8.000 - 10.000 Menschen hatte das Weinfest angelockt, besonders
viele Saarländer. Hunderte von Autos versuchten immer wieder
durch die dichten Menschenmassen zu kommen. Der Ordnungsdienst
hatte die größte Mühe ein Zerreißen des
Festzuges zu verhüten. Der bereitgestellte Parkplatz für
ca. 400 PKW reichte bei weitem nicht aus, so dass auch innerhalb
des Dorfes jeder freie Platz, auch der Schulhof, zum Abstellen
der Autos benutzt wurde. Das große Festzelt konnte
ebenfalls die vielen Festteilnehmer nicht fassen. Um 15:00 Uhr
begann im Zelt das Konzert der Gastvereine. Die Darbietungen der
Gastvereine zeigten ein hohes Niveau und wurde von den
Festteilnehmern mit großem Beifall aufgenommen. Ab 18:30
Uhr setzte dann die Tanzmusik ein, die von dem bekannten Tanz-
und Schauorchester Benno Herzberger gespielt wurde.
Am 3. Festtag kamen dann auch die
Kinder zu ihrem Recht. Um 14:00 Uhr begann der Abmarsch von der
Schule mit Marschmusik zum Festzelt. Nach einer Kinderbelustigung
mit einer anschließenden Siegerehrung wurde ab 18:00 Uhr
wieder zum Tanze aufgespielt.
Alles in allem hatten die
Saarweintage in Ockfen einen herrlichen Verlauf und ohne Zweifel
haben viele Festteilnehmer die Güte und Spritzigkeit unserer
Saarweine schätzen gelernt. Das wäre der schönste
Erfolg des Weinfestes 1962.
Weinherbst 1962
Die Traubenlese begann erst nach
Allerheiligen. Trotzdem erreichten die Trauben nicht die von den
Winzern erwartete Qualität. Die Mostgewichte ereichten 65-70
Grad Öchsle, bei einem Säuregehalt von durchschnittlich
15°, so dass nur wenige Fuder selbständig bleiben
konnten. Mengenmäßig hatten die Winzer einen ¾
Herbst.
Quellenfassung 1962 beim
Kreuz-Bur
Der Gemeinderat sieht es nach wie
vor als eine seiner Hauptaufgabe an, die Wasserfrage des Dorfes
für die Zukunft endgültig zu sichern. So ist, neben den
guten Erfahrungen durch die Wasserzähler, geplant, eine neue
Quelle am Kreuz-Bur zu fassen. Die Schürfarbeiten wurden
bereits vor einigen Monaten durchgeführt und die
Rentabilität der Quelle festgestellt. Das Quellwasser ist
von den zuständigen Gesundheitsstellen zugelassen, bedarf
jedoch einer Entsäuerung und einer Entkreidung. Das
Kreisbauamt hat die Pläne zur Herstellung der Quellfassung,
eines Sammelbeckens mit Unterwasserpumpe, Umbau des
Hochbehälters, Einbau einer Entsäuerungs- und
Entkreidungsanlage, Zuleitung zum Hochbehälter mit zusammen
46.500,- DM veranschlagt. Die Finanzierung soll aus
Rücklagemitteln und einem Darlehen erfolgen. Der Ausbau soll
im Rechnungsjahr 1962 zur Ausführung kommen. Damit dürfte
dann die leidige Wasserfrage in Ockfen eine endgültige
Lösung finden.
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In Ockfen feiert
man das Saarweinfest
Tausende von Gästen kamen
aus nah und fern – Festansprache von Landtagspräsident
Van Volxem – Prächtiger Winzerfestzug
Ockfen. Das II.
Saar-Weinfest, das in diesem Jahr der Winzerort Ockfen
ausrichtete, kann Maßstab für die Beliebtheit unseres
edlen Saarweines gelten. Denn - und darüber dürfte es
keine Zweifel geben - die Gäste kamen nicht nur des schönen
Wetters oder des Tanzes wegen, nein, sie kamen wegen des Weins.
Und dieser wurde in Fülle und hervorragender Qualität
angeboten. Zivile Preise -echte Werbepreise - taten ein übriges
zur Zufriedenheit der Massen. Das wirklich sehr große
Festzelt war gerade groß genug, um die Gäste, die aus
allen Himmelsrichtungen herbeigekommen waren, zu fassen Das Fest
erlebte am Samstag seinen Eröffnungs- und Kommersabend.
Schon vor
Beginn der Veranstaltung war das
Zelt fast bis auf den letzten Platz gefüllt, über dem
Podium prangte das Wappen der Winzergemeinde mit dem Bock auf dem
Fels. Die Weinkarten ließen manches Kennerherz höher
schlagen. Man hatte aus den allerbesten Lagen genau so wie aus
den preiswerten, naturreine Kreszenzen angeboten. Die
Weinhandlungen, Güter und Winzervereine hatten ihre Stände,
buntgeschmückt, an der Langseite des Zeltes aufgeschlagen.
Den
Kommers eröffnete der Musikverein Ockfen mit einem
Festmarsch aus Beethovens Es-Dur Konzert.
Zwei Lieder, „Am Strand der
Saar" und „Mein Lied", brachte der Gemischte Chor
Ockfen gekonnt zu Gehör. Bürgermeister Benzmüller
von Ockfen begrüßte die Gäste, besonders herzlich
bewillkommnete er den Protektor des Festes, Landtagspräsident
Van Volxem. Landrat Reinholz und Amtsbürgermeister Kratz.
Nach dem Hoch- und
Deutschmeister-Marsch hielt Landtagspräsident Van Volxem die
Festansprache. Er führte aus, daß, als man ihn vor
nunmehr zwei Jahren nach seiner Meinung über die
Berechtigung eines solchen Regionalfestes gefragt hatte, er der
Idee vorbehaltlos zugestimmt habe. Der Saar habe nämlich so
etwas bisher gefehlt. Denn nur die Fröhlichkeit verbinde den
Menschen mit Wein. Der Protektor stattete der ausrichtenden
Gemeinde für die mühevollen und
sorgfältigen
Vorbereitungsarbeiten seinen Dank ab. Er dankte auch den Gesang-
und Musikvereinen für ihren Betrag zum guten Gelingen der
Saarweintage. Von Volxem betonte, daß ein Weinfest dieser
.Art sich von Festen mit anderen Anlagen unterscheiden müsse.
Er freue sich sehr, daß dieser Unterschied hier so
augenfällig in Erscheinung träte.
Zur Werbung für den heimischen
Wein sagte der Redner, daß für den Winzer Zeiten
harten Konkurrenzkampfes kämen und man ohne eine gute
Werbung nicht auskommen würde. Er erwähnte auch das
Richtfest, das an den Gebäuden des jungen Saar-Winzervereins
gefeiert wurde. Diese Selbsthilfeeinrichtung der Saarwinzer bilde
auch in der Weinwerbung einen entscheidenden Faktor. Der Winzer
könne mit Hilfe solcher Einrichtungen vertrauensvoll in die
Zukunft blicken.
Den Saarweintagen wünschte der
Protektor einen harmonischen Verlauf. Im Anschluß an die
Festansprache erfolgte, unter den Klängen zünftiger
Marschmusik der Einzug der Weinköniginnen. Aus der Hand
ihrer Vorgängerin, Elli l. von Irsch, erhielt die neue
Saarweinkönigin, Helga l. von Ockfen, die Insignien ihrer
Würde. In ihrer Thronrede versprach die neue Königin,
sich für den edlen Saarwein und dessen Winzerstand immer und
überall einzusetzen. Für ihre Wahl und das damit
entgegengebrachte Vertrauen dankte sie ihrer Heimatgemeinde.
Mit Musik- und Liedvorträgen \
wurde der bunte Reigen der Darbietungen fortgesetzt. Was das
Programm anbetraf, so hatte man hier vielleicht noch mehr Wein-
und Heimatlieder einbauen können. Die Vereine von Ayl,
Irsch, Oberemmel, Wawern und Ockfen gaben ihr Bestes und hatten
entscheidenden Anteil am gelungenen Ablauf des Abends. Ein
festlicher Schlußmarsch beendete den Kommers. In fröhlicher
Runde blieb man noch lange bei einem guten Tropfen beisammen.
Der Sonntag brachte am Nachmittag
wieder Hochbetrieb in den Straßen des Winzerortes und im
Festzelt. Bei herrlichem Sommerwetter bewegte sich der lange
Festzug unter Jubel und Musik nach dem Festplatz. Es war ein
richtiger Winzerzug, frei von allem fremden Beiwerk. Keine
Reklame für irgendwelche Dinge, sondern nur Werbung für
den Wein und seinen Winzerstand, das war das erfreuliche an
diesem Festzug. Und so soll es auch sein.
Die Winzerorte und Vereine hatten
sich bei der Gestaltung ihrer Wagen und Gruppen etwas einfallen
lassen. Schon St. Martin auf hohem Roß war ein guter
Einfalt. Die EWG- Zollschranken wurden genau so belacht wie die
Schädlingsbekämpfung anno Tobak und heute.
Den teilnehmenden Vereinen,
Gruppen, Wagenbauern sowie allen an dem Festzug Mitwirkenden muß
ein Gesamtlob gespendet werden. Am Nachmittag fand ein großes
Konzert unter Mitwirkung der Vereine aus Wiltingen, Irsch,
Saarburg-Beurig, Geislautern-Saar, Orscholz, Oberemmel, Serrig,
Zerf, und Ockfen statt, das reichen Beifall fand.
Auch die Weinkönigin hielt ihren Einzug. Bei Tanz und
guter Laune beschloß man den Tag.
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